Mannheimer Morgen, 8.10.2001:
MENSCHEN UND IHRE HÄUSER
Ausstellung: Papierbilder in der Galerie Form - Stein
Von unserer Mitarbeiterin Dagmar Burisch
Papier ist für die beiden Künstler, die derzeit in der Mannheimer Galerie Form - Stein gemeinsam ihre Arbeiten präsentieren, ein verbindendes Medium, bei aller Unterschiedlichkeit bezüglich Einsatz und Ergebnis. Gitt Wittmann nutzt es als Trägermaterial und zeichnet darauf mit Licht - im Resultat hat man es mit klassischer Schwarzweiß - Fotografie zu tun, Porträts vor allem, aber auch mit kleinformatigen Polaroidverfremdungen. Christine Hohmann wiederum gestaltet das Material Papier mittels Farbe, Lack und Lötkolben zu plastischen Topografien und geschichteten Netzstrukturen.
Die geklebten und gefalteten Papierreliefs sind allesamt von einer regenbogenbunten Farbhaut überzogen, die den Arbeiten Signalwirkung verleiht. Nicht nur der Objektcharakter, auch die Farbe lässt diese Bilder in den Raum ausgreifen, sie drängen nach vorne und werben um uneingeschränkte Aufmerksamkeit.
Zurückhaltender wirken da die filigranen Papiergitter. Christine Hohmann schafft sie mit dem Lötkolben, brennt ins gefärbte Papier und erzielt serielle Muster mit Ein- und Durchblicken auf tiefer liegende Schichten. das kulissenartige Hinter- und Nebeneinander der Formen kehrt auch auf ihren Fotocollagen wieder: Wie aus einem Bastelbogen ausgeschnitten und zusammengeklebt staffeln sich Ludwigshafener Häuserfassaden zu dichten Gebäudekomplexen, auch hier schiebt sich die ursprünglich zweidimensionale Fotografie körperhaft in den Raum.
Nicht Architekturen, sondern Menschen sind das Thema der fotografischen Arbeiten von Gitt Wittmann. Paarweise hat er seine Zeitgenossen im Visier genommen: Bodybuilder, behütete Saxofonisten und zwei kleine Mädchen mit Maske - ein Zwillingspaar noch gleicher als gleich .Das von Runzeln übersäte Gesicht einer alten Frau kontrastiert zum makellosen Schliff einer Theatermaske. Tote, starre Materie im Wechsel mit Bewegung und expressiver Lebendigkeit scheinen Gitt Wittmann zu faszinieren.
Und was bei den Schwarzweiß - Bildern geordnet nebeneinander steht, überlagert sich in den farbigen Polaroidverfremdungen zu fratzenhaften Verzerrungen der Realität. Solch experimentelle Versuche indes bleiben in ihrer Aussagekraft und künstlerischen Qualität eindeutig hinter den präzisen Schwarzweiß - Aufnahmen zurück.