Die Rheinpfalz, 4.10.2007:
BEGEGNUNGEN IN WORT, BILD UND ZIRKUSKUNST
Neun Künstlerinnen der Gruppe Kunstfaser stellen in Großkarlbach aus - Stadt, Tier, Blüten oder Zitate als Motiv
Die Lyrik Katrin Kirchners schwingt noch nach, Margot Scherr lässt den Regenstab erklingen und die Jonglage - Künstlerin Siglinde Pfeifer bringt orangefarbene Teller in Schwung, die Katrin Kirchner im Publikum verteilt. Gespannt verfolgen die Besucher das Geschehen.
Seit 20 oder 30 Jahren schon schreibend tätig sind alle Literatinnen der Gruppe, betont Katrin Kirchner, die eine Kostprobe ihrer Lyrik bot, nachzulesen im einem Rollbild am Fenster. Scherr, Leiterin der Literatuwerkstatt Ludwigshafen, setzt Gedankensplitter in Wort und Fotografie um. Die Fotos sind in sehr aufwändiger technischer Bearbeitung herausgelöst aus einem Vodeofilm, die Szenen abstrahiert auf das Wesentliche. Rückzug, Stille, Besinnung signalisiert diese Arbeit.
Fröhlich-bunt die "Floragen" genannten Arbeiten von Anita Meckel, für die sie Stängel, Blüten, Blätter benutzt, eben alles, was die Flora hergibt. Auf intensiv-farbigen und doch unaufdringlichen Hintergründen komponiert sie die Pflanzenteile, etwa zu einem Baum. Der ist vierfach Bestandteil einer Arbeit zu dem oft aufgegriffenen Motiv der Jahreszeiten. Den Frühling bestimmt die Mandelblüte, den Sommer das Rosenrot, den Winter die Christrose, der Herbst ist der vielblütige Refrain zum Abschied. Jedes Bild kennzeichnet zudem klein, doch unübersehbar eine durch alle Jahreszeiten hindurch fröhlich-feiernde Menschengruppe in Strichmännchenform.
Sgraffito-Kalligrafie zeigt Regina von Bodisco : Sprüche und Zitate stehen wohlgeformt auf satten Untergründen - schwerwiegende Botschaften, leichtfüßig gestaltet. Ingrid Kussmaul zeigt ihre Vielseitigkeit in duftendem aquarelliertem "Blütenzauber", naturalistischen Acrylgemälden mit Motiven aus Alltag und Arbeitswelt oder der expressionistischen Urlaubserinnerung "Haus unter Palme".
Christine Hohmann bleibt mit ihren Acrylcollagen in der Stadt. Gebäudeumrisse, Holzbalken bilden das Fundament, in dem das Leben geschieht, Geschichten erzählt werden. Von den flirrenden Sommern, der Schwüle in der Sradt, von Wochenendvergnügen, in Frage gestellten Wahrheiten. "Teil der Ganzen" zeigt farbige Umrisse von gotischen, romanischen , muslimischen Gotteshäusern. Ein Auge blickt suchend, ein Zeitungsausschnitt mit dem Titel "Ein zorniger Leviathan im Meer der Gleichgültigkeit" kennzeichnet religiöse Probleme.
Die fünfte ausstellende Malerin ist Sigrid Harmgart. Ihr Augenmerk gehört nicht den Dingen, sondern dem Leben, den Menschen, den Tieren. Sie arbeitet Aquarelle, Gouachen, mischt oder benutzt Tusche. Ihre Motive sind Augenblicksmomente, Impressionen aus Motiv, Umgebung, Stimmung. "Stolz" zeigt eine Frau, Südländerin, Afrikanerin, deren eine Gesichtshälfte entstellt scheint und die dennoch stolzen Blickes, fast hochmütig, zum Stift der Malerin blickt.
Insgesamt elf Frauen zählen zum Künstlerinnen-Netzwerk Kunstfaser, das sich 1999 anlässlich der Frauenkulturtage in Mutterstadt formierte. Der harte Kern stellt eine "geschlossenen Gesellschaft" dar, wie es die Multimediakünstlerin Margot Hella Scherr formuliert. Das bedeute nicht, dass man sich abkapsele. Man wolle einfach sich selbst finden, nicht "zerfleddert" werden. Berührungsängste haben die Frauen nicht. Gern laden sie Künstlerinnen ein oder gehen selbst auf Reisen. 2004 besuchten sie französische Kolleginnen in Rennes, für November planen sie Ausstellung und Künstlerinnen - Treffen in Berlin (cei)