Die Rheinpfalz, 10.09.2010:
VERBINDEN, UMGARNEN, VERNETZEN
Die Künstlerinnenvereinigung Kunstfaser zeigt im Mutterstadter Rathaus ihre Jubiläumsausstellung "Netzwerke"
Schon an die Säulen des Mutterstadter Rathauses sind Netze geheftet. Im Rathaus selbst hängen überall an den Wänden der drei Etagen Bilder, die das Netz zum Thema haben. Jede der Künstlerinnen erhielt vorab ein Stück Netz, das sie in ihr Werk einbeziehen sollte. Claudia Seifert, einer der Gäste, hat auf ihre beiden Gemälde "Im Dunkel wirken" und "Staatsgewalt" Spinnen in Netzen dargestellt. Dazu hat sie noch einen Zelttel gehängt, auf dem Zusammensetzungen mit dem Wort Netz stehen : Das reicht dann von Fischernetz und Haarnetz bis zu Netzbetreiber und Netzhaut.
Bei der Eröffnung spielten Margot Hella Scherr und Katrin Kirchner, die beiden Literatinnen der Vereinigung, mit dem Wort. "Wir wollen umgarnen, ins Netz locken", riefen sie sich unten im Foyer zu, dicht umdrängt von den zahlreichen Besuchern der Vernissage. denn auch aus Rennes in Frankreich, aus Kleinmachnow bei Berlin, von den befreundeten Künstlerinnengruppen Facetten aus Altrip und Frauen-Kunst-Kultur aus dem Kreis Bergstraße, die auch an der Ausstellung beteiligr sind, waren Gäste angereist.
Das Netz hat eine besondere Bedeutung für die Kunstfaser-Frauen. Vor zehn Jahren, als die Künstlerinnen nach den Frauenkulturtagen in Mutterstadt zueinanderfanden, waren sie von der idee beseelt, nicht nur Kunst von und für Frauen zu machen, sondern auch verschiedene Künste zu verbinden, sie zu vernetzen eben. Auf diesen emanzipatorischen Aspekt ging die Kunsthistorikerin Karoline Hille in ihrer Einführungsrede ausführlich ein : Dass Leistungen von Frauen in der Kunst früher systematisch verschwiegen und Frauen bis 1918 vom akademischen Studium ausgeschlossen waren.
Der zweite Aspekt, die Vernetzung der Künste, äußert sich in der Ausstellung zum Beispiel so, dass viele die Schrift und Embleme zu Hilfe nehmen, um ihre Bildbotschaften zu übermitteln. Sehr häufig ist dabei die Assoziation von Netz und Fisch. Regina von Bodisco schlägt in ihrer Kalligraphie die verbindung zum Christentum und fordert auf :"Werft eure Netze aus, so werdet ihr einen großen Fang tun."
Brigitte Braun-Dähler klagt in ihrem Tryptychon "Aphrodite weint" die Verseuchung und das Sterben der Weltmeere an. Das Meer ist überhaupt ein häufiges Motiv, so auf den berückend schönen Schwarz-Weiß-Fotografien Cathérine Borjas aus Frankreich. Luz-Voctoria Nolte verbindet auf ihren Miniaturen raffiniert Malerei und Plastik. Am raffiniertesten aber ist wohl Véronique Mallevaes vergegangen. Sie hat Figuren aus einem Eisenfaden gebildet und lässt sie in einem Rund über das Bild tanzen. Sie sind aber nur Staffage, wie der aufmerksamen Betrachter bald merkt. Die eigentliche Bildaussage erschließt sich dem genauen Blick als nahezu unsichtbare Gravur in der Mitte des weißen Blattes.