Laudatio in der Praxis Dr. Christine Trainer von Dr. Stephan Trainer, 14.03.2015:
Ausstellungseröffnung Christine Hohmann
Genauso beeindruckend wie die Spannweite ihres künstlerischen Schaffens sind ihre sogenannten Kunst fremden Qualifikationen und Tätigkeiten:
Sie ist staatlich geprüfte Lebensmittelchemikerin, Mikrobiologin und Toxikologin in ihrer ersten Ausbildung.
Heute ist sie Personal Coach und Psychologische Beraterin, Kommunikationstrainerin, macht Workshops, Seminare und Beratungen für Firmen, Gruppen und Einzelpersonen. Sie ist Berufsberaterin für nicht geschäftsfähige Personen, Dozentin in der Erwachsenenbildung und für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache in der Migranten- und Flüchtlingsbetreuung.
Wir haben es also mit einem sehr vielseitigen und in vielen verschiedenen Bereichen äußerst aktiven Menschen zu tun. Die aufgezählten Tätigkeiten haben alle eine auffällige Gemeinsamkeit:
Christine Hohmann beschäftigt sich mit Menschen in Problemsituationen, insbesondere in der Beziehung zum Umfeld und zur Umwelt, sowie im kommunikativen Bereich. Genau diese Themen bearbeitet die Künstlerin auch in ihren Bildern.
Die heute hier ausgestellten, überwiegend in Acryl-Collage-Technik entstandenen Werke, widmen sich hauptsächlich drei Themenkomplexen:
Der größte Teil der Bilder handelt vom menschlichen Individuum im modernen, urbanen, multikulturellen und auch multireligiösen Umfeld. Die Großstadt ist der Lebensraum, in den der Mensch geworfen und in dem er auch gefangen ist. Das wird in den Bildern verdeutlicht durch architektonische Elemente aus unterschiedlichen Epochen und Kulturen, zwischen und hinter denen menschliche Gesichter, wie verschleiert oder resigniert anmutend, eingebunden und gefangen sind. Der Mensch als Individuum droht in der Masse der Großstadt unterzugehen, sich zu verlieren; er wird in den Hintergrund gedrängt. Die Figuren in den Stadtcollagen erscheinen nicht als frei handelnde Individuen, sie sind von ihrem Umfeld und der sie umgebenden Masse beherrscht und in ihrem Handeln bestimmt, bis hin zur kompletten Deindividuation.
Das ist die schlechte Nachricht.
Die gute aber ist, dass und die Großstadt mit ihrer Vielfalt, ihrer Masse, ihren statischen und dynamischen Elementen trotz alledem fasziniert und anregt, uns fordert, uns Entscheidungs- und Entwicklungsmöglichkeiten bietet, etwa so, wie Frank Sinatra über New York, als Prototyp der modernen, urbanen Metropole sagte: "If I can make it here, I can make it everywhere!"
Tauchen Sie also ein in die verstörende, aber auch faszinierende Welt der Großstadt.
Gar nicht urban wirkt die zweite Gruppe von Werken, die Speläo-Graphiken. Sie visualisieren das Thema Kommunikation und ihre Ursprünge, die Entwicklung der Mitteilung ohne das gesprochene Wort.
In der Geschichte der Menschheit waren Zeichnungen zehntausende von Jahren vor der Entwicklung der ersten Schrift das erste grafische Medium. In ihrer reduzierten Darstellung gewinnen die Abbildungen von Menschen, Tieren, Gegenständen und ihren Interaktionen den Charakter von Symbolen mit allgemein und weltweit unmittelbar erkenntlicher Bedeutung, unabhängig von der jeweiligen Sprache der Menschen. Dass wir auch heute noch auf diese Weise kommunizieren (man denke an das weltweit bekannte Toilettenmännchen), verdeutlicht die Künstlerin durch Einfügen modernen Elemente in die scheinbaren Höhlenzeichnungen, die Sie bei genauem Hinsehen finden werden. Zugleich erinnert uns die Künstlerin daran, dass in der heutigen Zeit die Vermittlung von Information durch Bilder wieder auf dem Vormarsch ist und das geschriebene Wort immer mehr ins Hintertreffen gedrängt wird.
Eine geniale Idee ist die Verwendung von Korkplatten als Hintergrund für die Zeichnungen, wodurch die Höhlenfelswand täuschend echt wiedergegeben wird.
Die dritte Bildergruppe befasst sich mit dem menschlichen Körper.
Die Werke sind in Öl gemalt und erhalten ihren Glanz und ihre Brillanz durch eine Klarlackglasur. Dargestellt sind Teilaspekte des Körpers, Körperfragmente. So ist auch ein Teil der Bilder betitelt. Ich verstehe diese Werke als Auseinandersetzung mit dem Problem der Integrität des Körpers und deren stetiger Bedrohung durch Krankheit, Verletzung und Verfall und der damit in Frage gestellten Identifikation des Menschen mit und über seinen Körper.
Ich darf Ihnen allen nun viel Vergnügen wünschen beim Betrachten und Diskutieren dieser vielfältigen und vielschichtigen Werke, die selbstverständlich auch käuflich erworben werden können.
Vielen Dank
Dr. Stephan Trainer